Die Wiener Dramaturgie - 8. Stück


Gerald Szyszkowitz

 

DIE WIENER DRAMATURGIE

der Freien Bühne Wieden, achtes Stück, am 18. September 2007.

 

ZUR ENTSTEHUNGSGESCHICHTE DES GLÜMER-STÜCKES

 

Arthur Schnitzler hat die Schauspielerin Mizi Glümer jahrzehntelang immer wieder getroffen, und immer wieder war sie deswegen auch das Vorbild für verschiedene Figuren in seinen Stücken. Am Anfang als ´süßes Mädel´ in den Anatol-Einaktern, dann als junge Schauspie-lerin Fanny Theren im Schauspiel ´Das Märchen´ und als junge Naive Anna Riedel im Schauspiel ´Freiwild´, und schließlich ist zweifellos auch wieder sie das Urbild der Irene Herms, dieser weise gewordenen Schauspielerin im späten Stück ´Der einsame Weg´.

 

Schnitzler beschreibt Irene Harms so: ´Sie ist etwa 43 Jahre alt, sieht aber jünger aus. Sie ist einfach und geschmackvoll gekleidet. Ihre Bewegungen sind lebendig, zuweilen von einer beinahe jugendlichen Hastigkeit. Ihr Haar ist dunkelblond und reich, die Augen heiter, manchmal gütig und leicht zu Tränen geneigt.´ Ich denke, s o haben wir uns auch die etwa vierzigjährige Mizi Glümer in dem Jahr vorzustellen, in dem sie ihren ´Lebensfreund Schnitzler´ zum letzten Mal besucht. Mich hat diese Frau vom ersten Wort an interessiert, und während des Lesens wurde Irene Harms in meiner Vorstellung immer mehr zur Mizi Glümer. Statt des Dichters Julian Fichtner und der Schauspielerin Irene Harms redeten, je länger ich las, die eigentlichen Urbilder - der Dichter Arthur Schnitzler und die Schauspielerin Mizi Glümer - immer heftiger miteinander über Mizis kurze Untreue während ihres Engagements in Deutschland: ´Ja, meinst du,´ sagt sie schließlich mit einem abgrundtief vorwurfsvollen Ton, ´ich hätte so was anstellen können, wenn wir - ein Kind ... Wenn wir d a s Kind gehabt hätten? Alles wär anders gekommen. A l l e s ! Wir wären zusammen geblieben, wir hätten noch ein paar Kinder bekommen und ...´ Diese heftige Erwähnung ihrer frühen Kindestragödie - Schnitzler war damals ein junger Arzt - war für mich der entscheidende Anstoß, aus den vorliegenden Einzelszenen in allen Schnitzler-Stücken, die mit Mizi Glümer zu tun haben, mit Hilfe seiner Briefe und Tagebücher und einiger neu erfundener Szenen ein neues Stück zu machen mit dem Titel ´Schnitzler und das süße Mädel´, das uns zeigt, wie es möglicherweise wirklich gewesen ist mit dem Dichter Schnitzler und dem süßen Mädel Mizi Glümer.

 

Da in unserem Stück aber durchaus auch gelacht werden soll, schließe ich mit einer klugen Lessingbeobachtung aus dem 29. Stück seiner ´Hamburgischen Dramaturgie´: ´Der wahre Nutzen jeder Komödie liegt in der Übung unserer Fähigkeit, auch immer das Lächerliche um uns herum zu bemerken. Unter allen Bemäntelungen der Leidenschaft und der Mode.´

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