Direktion Freie Bühne Wieden

Uraufführung 18. Oktober 2005

ARME TEUFEL
von Erika Mitterer
Eine Vorstadttragödie in sechs Bildern

Henriette Hofbauer, Wirtin - Ulli Fessl
Hans, ihr Sohn - Johannes Wolf
Ella, ihre Tochter - Michaela Ehrenstein
Konrad Leitinger, Holzhändler, Ellas Bräutigam - Ralph Saml
Hertha Schultheiss, seine Schwester - Anita Kolbert
Hannelore, deren Töchterchen     - Franziska Severin
Rosl, junges Mädchen - Maria Schuchter
Josefine Jeschek, ihre Mutter - Christine Renhardt
Rosalia Brüll, deren Schwester  - Ingeborg Bauböck
Onkel Franz - Peter Beil
Dr. Schwarz, Arzt - Gerhard Rühmkorf
      
Regie und Raum: Gerald Szyszkowitz
Assistenz: Peter Beil
Musiker: Peter Chielli, Hartwig Eitler, Peter Hofmann, Franz Luttenberger, Christoph Rois
Kostüme: Gabi Weninger
Fotos: Rolf Bock
Aufführungsrechte: Martin G. Petrowsky
                     

b. I., Die Presse, 28. 10. 2005
SCHEITERN IN DEN FÜNFZIGER JAHREN
'Arme Teufel' - ein berührendes Stück über die Hartherzigkeit an der Freien Bühne Wieden.

Eine hoch verschuldete Wirtin, die ihren Sohn zu reicher Heirat drängt, ein Bräutigam, der gegen die Filmkarriere seiner künftigen Ehefrau opponiert, eine ledige Schwangere, die sich keinem anvertrauen kann ... Erika Mitterer erzählt Im Stück 'Arme Teufel', das derzeit gut fünfzig Jahre nach seiner Entstehung an der Freien Bühne uraufgeführt wird, von Kleingeist, Berechnung und Hartherzigkeit. Die ganz offen gezeigte materialistische Denkweise der armen Hauptfiguren wirkt auf heutige Zuschauer ein wenig fremd, den Schauspielern, allen voran Ulli Fessl, die mit Kochschürze eine resolute, berechnende Wirtin verkörpert, und Maria Schuchter, die mit kindlich-traurigem Blick die im Stich gelassene Schwangere mimt, gelingt es aber, die ganze Tragik der Figuren - auch wenn sie selbst ver­schuldet ist - glaubwürdig deutlich zu machen: So bekommt man neben einer interessanten 50er-Jahre-Milieustudie auch eine berührende 'Geschichte vom Scheitern' erzählt.


Martin G. Petrowskys 'Auszug aus einer subjektiven Nachlese'

Alle Schauspieler haben die fein gezeichneten Figuren der Dichterin eindrucks­voll mit Leben erfüllt... Ulli Fessl verkörperte die resolute, charmante, das Glück ihrer Kinder schmiedende und letztlich den Zusammenbruch ihrer Welt erleiden­de Wirtin so überzeugend, dass sich jede Mutter mit ihr identifizieren musste; Johannes Wolf als ihr entscheidungsunfähiger Sohn und Michaela Ehrenstein als ihre schöne, selbstkritische, entschlussschwache Tochter machten die Entwick­lung von sorglosen Mitgliedern einer heilen Familie zu tragischen (Mit-)Tätern und Opfern glaubhaft. Ralph Saml als erfolgreicher, aber linkischer Bräutigam und Anita Kolbert als dessen hübsche, naive Schwester, die über frühere Schicksal­schläge erst hinwegkommen muss, versahen das kleinbürgerliche Sittenbild mit klaren Konturen. Unglaublich berührend spielte Maria Schuchter das einfache, aufrichtige, zartfühlende Mädchen Rosl, das durch die „Umstände" gezwungen wird, Klarheit in ihre Beziehung mit dem Sohn der Wirtin hineinzubringen und das, gerade weil ihr jeder Druck, jede „Erpressung" fern liegt, daran scheitert und zu­grunde geht. Das traurige Milieu, aus dem die arme Rosl kommt, wurde von Christine Renhardt und Ingeborg Bauböck gespenstisch lebensnah heraufbe­schworen. Renhardt als verschreckte, wehleidige Mutter und Bauböck als bigot­te, gutmütig-oberflächliche Tante machen verständlich, warum die beiden Frauen der Verantwortung, der sie sich stellen müßten, vor lauter Ich-Orientierung nicht entsprechen können. Schließlich gelang auch Gerhard Rühmkorf in einer kleinen, aber schwierigen Rolle die glänzende Darstellung eines menschlichen, über­arbeiteten Arztes. Ich danke allen Beteiligten von ganzem Herzen!