Direktion Freie Bühne Wieden

7. Oktober


Die Seele ist ein weites Land.

Matinee Michaela Ehrenstein und Bela Fischer

Kritik Wiener Zeitung
     
Von Schock und Mitgefühl
(cher) Eine elegante jun­ge Frau findet ein Tage­buch, blättert darin, liest Eintragungen und beigeleg­te Briefe. In einer knappen Stunde findet die Demaskie­rung eines kleinlichen, selbstgefälligen, wehleidi­gen Egoisten statt, den wir doch aus seinen Werken ganz anders kennen: denn der Name des Tagebuch­schreibers ist Arthur Schnitzler.
„Die Seele ist ein weites Land" heißt das Solopro­gramm, das Michaela Eh­renstein jetzt in der Freien Bühne Wieden präsentierte und das als Ergänzung zu Gerald Szyszkowitzs Stück „Schnitzler und das süße Mädel" gedacht ist. Noch stärker als in diesem wird hier die Zerrissenheit eines Mannes offenbar, der zwar in seinem literarischen Werk um all diese zwi­schenmenschlichen Proble­me wusste, sich immer wie­der auch über sie lustig machte, im wirklichen Le­ben aber, wenn es ihn sel­ber betraf, nicht damit um­gehen konnte.
Michaela Ehrenstein ge­lingt die schauspielerische Bravourleistung, in die ver­queren Gedankengänge voll einzusteigen und gleichzei­tig Schock und Abscheu nicht zu verbergen. Zwischen den Texten bringt sie von Bela Fischer nach Schnitzlergedichten gestal­tete Chansons. Ein span­nendes Programm, das ei­nen in die Abgründe der Beziehung von Mizi Glümer (dem Vorbild für das „süße Mädel") und Arthur Schnitzler schauen lässt.


Kritik Neue Freie Zeitung


FBW: Seelenforschung
Neben ihrer programmatischen Beschäftigung mit Uraufführungen möglichst heimischer Au­toren legt die Freie Bühne Wien (FBW) stets einen Schwerpunkt ihrer Tätigkeit auf das Oeuvre Arthur Schnitzlers, so auch mit der Sonderveranstaltung „Die Seele ist ein weites Land" mit dem Untertitel „Der private Schnitzler". Hier werden Ausschnitte aus den Ta­gebüchern und Briefen des Autors an die Schauspielerin Mizi Glümer collagiert. Dazu kompo­nierte Bela Fischer von der Wiener Volksoper Musik zu Gedichten Schnitzlers. Alle diese Mosaiksteine ergeben interessante Einblicke in das Seelenleben des beliebten Schriftstellers und er­öffnen Perspektiven, die man bisher als Nicht­experte in dieser Form kaum zur Kenntnis ge­nommen hat. Michaela Ehrenstein unterzog sich der dankbaren Aufgabe, diese  „Seitenblicke" von einst einem Publikum von jetzt schmackhaft zu machen, was ihr zusammen mit dem „Flügel-Adjudanten" Bela Fischer auch überzeugend gelingt. Die mit dieser Produktion erfolgreich durchgeführte Seelenforschung fand nicht nur im Stammhaus der Freien Bühne Wien, sondern auch bei einem Gastspiel im Badener „Zentrum für interkulturelle Begegnung" vollste Zustimmung des Publikums.    w.s.